OLG Düsseldorf: Betreuungswechselmodell nur mit Zustimmung beider Elternteile möglich
Das OLG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 4.03.2011 entschieden, dass eine Wechselmodell Regelung nicht gegen den Willen eines Elternteils gerichtlich angeordnet werden kann.
Wenn die Eltern sich über die Frage, wo das Kind seinen Lebensmittelpunkt haben soll, nicht einigen, dann muss das Gericht einem Elternteil das Aufenthaltsbestimmungsrecht allein übertragen. Dies sogar dann, wenn die gemeinsame Betreuung im Rahmen des Wechselmodells dem Kindeswohl am besten entsprechen würde.
1. Sachverhalt
Die Beteiligten sind miteinander verheiratet, leben jedoch getrennt voneinander. Aus der Ehe ist 2004 ein Kind hervorgegangen. Die Eltern haben mehrere Sorgerechtsverfahren geführt und sich zunächst auf das sog. Wechselmodell geeinigt. Aufgrund von immer wieder kehrenden Unstimmigkeiten beantragten beide Elternteile die Übertragung der Alleinsorge. Nach Einholung eines familienpsychologischen Gutachtens hat das Amtsgericht die Anträge der Eltern aus Kindeswohlgründen zurückgewiesen. Die dagegen gerichteten Beschwerden beider Eltern führten dazu, dass dem Antragsteller das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen wurde.
2. Rechtlicher Hintergrund
Das Wechselmodell ermöglicht die anteilig gleichwertige Betreuung von Kindern durch deren getrennt lebende Eltern. Beide Elternteile bieten dem Kind ein Zuhause, in dem es sich abwechselnd aufhält.
3. Beschluss OLG Düsseldorf vom 14.03.2011 (Az: II-8 UF 189/10)
a). Das OLG Düsseldorf hat den Antrag der Antragsgegnerin zurückgewiesen und dem Antragsteller auf das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen.
Das OLG teilt die Einschätzung des Sachverständigen und des Amtsgerichts, dass die Beibehaltung der gemeinsamen elterliche Sorge dem Kindeswohl entspreche. Das Wechselmodell sei nicht der Ursprung der Unstimmigkeiten zwischen den Eltern, sondern Konflikte in der nicht aufgearbeiteten Paarebene. Die Übertragung der Alleinsorge oder des Aufenthaltsbestimmungsrechts ließe keine Verbesserung des Streitpotentials erwarten.
b.) Jedoch sah sich das Gericht gezwungen, aus Rechtsgründen über das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu entschieden. Die Eltern konnten keine Einigkeit über den Lebensmittelpunkt und die Betreuung des Kindes einigen. Der Antragsteller war bereit, das Wechselmodell aufrechtzuerhalten, die Antragsgegnerin weigerte dagegen jede weitere Mitwirkung an der Wechselbetreuung. Für den Fall, dass dem Antragsteller das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen werde, wolle die Antragsgegnerin nur noch an jedem zweiten Wochenende Umgang mit dem Kind und sich ansonsten ihrer beruflichen Karriere widmen. Und dies unabhängig davon, ob das Kind weitergehende Kontakte zu ihr wolle.
Bei dieser Sachlage darf das Aufenthaltsbestimmungsrecht nicht beiden Eltern gemeinsam belassen werden. Die Fortsetzung des Wechselmodells könne der Antragsgegnerin nicht gegen ihren Willen aufgezwungen werden.
Dazu führt der Senat aus:
„ Nach § 1671 BGB kann die elterliche Sorge oder ein Teilbereich davon auf einen Elternteil übertragen werden, wenn dies dem Kindeswohl entspricht. Für die Anordnung eines Wechselmodells gegen den Willen eines Elternteils enthalten die gesetzlichen Bestimmungen über das Sorgerecht keine Ermächtigungsgrundlage….
Wenn gemeinsam sorgeberechtigte sich in einzelnen Angelegenheiten, einer bestimmten Art von Angelegenheiten oder in Teilbereichen der elterlichen Sorge nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen können, gebietet die gesetzliche Regelung somit im Umfang des bestehenden Dissens die Übertragung der alleinigen Verantwortung auf einen Elternteil….
Bei der aus Rechtsgründen erforderlichen Entscheidung zugunsten eines Elternteils fällt zugunsten des Antragsstellers ins Gewicht, dass dem Kind geringfügig bessere Rahmenbedingungen bieten kann. So hat der Antragsteller bei seiner beruflichen Tätigkeit ein höheres Maß an Zeitautonomie und kann Flexibilität zugunsten des Kindes nutzen…
Schließlich scheint auch der Wunsch, beide Eltern möglichst intensiv in die Betreuung und Versorgung des Kindes einzubinden und die Kooperation zwischen den Eltern zu verbessern, beim Antragsteller stärker ausgeprägt zu sein als – gemäß ihrer Äußerung im Senatstermin- bei der Antragsgegnerin.“
4. Fazit
Das OLG vertritt die Auffassung, dass der Gesetzgeber keine Anordnung des Wechselmodells vorsieht. Und dies, obwohl das Wechselmodell vorliegend sogar nach Anhörung des Sachverständigen dem Kindeswohl gedient hätte.
Ein Wechselmodell sollte meines Erachtens in erster Linie voraussetzen, dass die Eltern zum einen kooperationsbereit- und fähig sind, zum anderen sollte immer geprüft werden, ob es dem Kindeswohl dient. Und hier ist schon fraglich, ob ein Wechselmodell ohne negative Auswirkungen auf das Kind funktionieren kann, wenn ein Elternteil so ablehnend dem gegenüber steht. Ich denke, dass dies erhebliche Konflikte für das Kind mit sich bringen kann und dies dem Kindeswohl entgegen steht.
5. Quelle
Den Beschluss können Sie sich unter der Seite www.justiz.nrw.de unter der Rubrik Rechtsprechung und Eingabe des Aktenzeichens (OLG Düsseldorf, 14.03.2011 II-8 UF 189/10) einsehen.
Bei diesen Fragen stehe ich Ihnen gern zur in einem Beratungstermin zur Verfügung und gebe Ihnen die bestmögliche Unterstützung.
Mit freundlichen Grüßen
Melanie Haas
Fachanwältin für Familienrecht und Mediatorin
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