Blog

25
Apr

OLG Hamm: gemeinsames Sorgerecht bei nichtehelichem Kind

OLG Hamm:  gemeinsames Sorgerecht bei nichtehelichem Kind

Das OLG hat mit Beschluss vom 01.02.2012 einem Vater für sein nichteheliches Kind die gemeinsame Sorge zugesprochen, obwohl es den Eltern an einem Mindestmaß an Kommunikationsfähigkeit fehlt. Die Übertragung der gemeinsamen Sorge entsprach dem Kindeswohl am besten.

1. Sachverhalt

Die nicht miteinander verheirateten Beteiligten sind Eltern des am 16.07.2007 geborenen Kindes. Der Kindesvater hat die Vaterschaft anerkannt und eine Erklärung zur gemeinsamen Sorge nicht abgegeben.

Als das Kind geboren wurde, führten die Kindeseltern bereits acht Jahre eine Beziehung, ohne jedoch jemals zusammen gezogen zu sein.

Im Jahr 2008 endete die Beziehung. Es fand ein regelmäßiger Umgang des Kindesvaters mit seinem Kind statt.

Die Eltern kommunizierten jedoch nur in schriftlicher Form miteinander. Um den Informationsaustausch zu verbessern, wurde ein Umgangstagebuch geführt.

Der Vater beantragte beim Amtsgericht Witten die gemeinsame elterliche Sorge.

Das Familiengericht hat den Antrag des Kindesvaters zurückgewiesen. Die Zurückweisung wurde damit begründet, dass es zwischen den Kindeseltern ein Mindestmaß an Kommunikationsfähigkeit fehle, da die Eltern nicht miteinander sprechen würden. Zwar liege die schlechte Kommunikation im Wesentlichen an der fehlenden Kooperationsbereitschaft der Mutter, aber auch der Kindesvater halte sich nicht an die Anweisungen der Mutter.

Der Kindesvater legte Beschwerde gegen diesen Beschluss ein und verfolgte weiterhin die Herstellung der gemeinsamen Sorge.

Er begründete seine Beschwerde damit, dass die Schwierigkeiten in der Kommunikation und im Umgang allein auf einer Blockadehaltung der Kindesmutter zurück zu führen seien.

Es sei nicht gerecht, die Abweisung des Antrages auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nur darauf zu stützen, dass die Kindesmutter jegliche Kommunikationsbereitschaft ablehne. Er sei in jedem Fall kooperations- und auch kommunikationsbereit.

Die Kindesmutter beantragte, die Beschwerde abzuweisen und es bei der alleinigen Sorge zu belassen.

Sie begründet ihre Abweisung damit, dass die bestehende Regelung aus guten Gründen bestanden habe und es keine Veranlassung gebe, diese bestehende Regelung zu ändern. Sie habe kein Vertrauen zum Kindesvater und auch sei in Zukunft nicht zu erwarten, dass die schlechte Elternebene eine positive Entwicklung nehme.

Auf die Beschwerde des Kindesvaters wurde der Beschluss des Familiengerichts Witten teilweise abgeändert und neu gefasst.

2. Rechtlicher Hintergrund

Bei einem nichtehelichen Kind steht der Mutter vom Zeitpunkt der Geburt an gem. § 1629a BGB die Alleinsorge zu, wenn die Eltern die Sorge nicht übereinstimmend gemeinsam erklären oder nicht einander heiraten.

Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 21.07.2010 kann der Vater eines nichtehelichen Kinde jedoch gerichtlich überprüfen lassen, ob es aus Gründen des Kindeswohls angezeigt ist, ihm zusammen mit der Mutter die Sorge für sein Kind einzuräumen oder ihm anstelle der Mutter die Alleinsorge für das Kind zu übertragen.

Es reicht folglich die Weigerung der Kindesmutter zur Zustimmung der gemeinsamen Sorge nicht mehr aus, sondern das Gericht entscheidet über die gemeinsame Sorge und hat dabei eine Kindeswohlprüfung durchzuführen.

3. Beschluss des OLG Hamm vom 01.02.2012 – II-2 UF 168/11-

Der  zweite Senat für Familiensachen des OLG Hamm übertrug mit Beschluss vom 01.02.2012 die elterliche Sorge für das uneheliche Kind den Kindeseltern gemeinsam.

Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass die gemeinsame Sorge vorliegend dem Kindeswohl diene.

Zwischen dem Vater und dem Kind bestehe eine für das Kind positive Bindung, die sich durch die regelmäßigen Umgangskontakte verfestigt habe. Das Kind gehe gern zum Vater und vertraue ihm. Dies bestätige sowohl vom Jugendamt als auch der Verfahrensbeistand.

Auch zeige der Vater ein reges Interesse an den Belangen des Kindes und eine deutliche Bereitschaft, sich positiv im Sinne der Kinderinteressen einzusetzen. Differenzen betreffend der Grundbelange der Erziehung und Betreuung bestünden nicht, auch akzeptiere der Vater den Aufenthalt des Kindes bei der Mutter.

Zu der schlechten Kommunikation der Eltern führt der Senat aus:

Derzeit findet eine Kommunikation zwischen den Kindeseltern zwar nur schriftlich statt, woran sich regelmäßig kleinere Missverständnisse und Missstimmungen entzünden. Jedoch liegen dieser qualitativ mangelhaften Kommunikation zwischen den Kindeseltern keine unüberwindlichen Zerwürfnisse zwischen Ihnen zugrunde…….

vielmehr ist die fehlende Qualität der Kommunikation ganz wesentlich auf die weigerliche, nicht auf objektiv nachvollziehbare Motive gestützte Haltung der Kindesmutter zurückzuführen, die sowohl die verbale Kommunikation mit dem Kindesvater als auch die Durchführung einer Mediation verweigert……

Jedoch gebieten es diese Mängel der Kommunikation nicht, die ohnehin erforderliche Kommunikation der Kindeseltern noch mehr zu schwächen…

Vielmehr entspricht es nach übereinstimmender Auffassung des Jugendamts und des Verfahrensbeistandes, die zur Überzeugung des Senats zutreffend ist, dem Wohl des Kindes am Besten, wenn die Kindeseltern die Qualität ihrer Kommunikation auf Elternebene nach und nach bessern….In Gesamtwürdigung dieser Umstände ist es den Kindeseltern zumutbar, die erforderlichen Anstrengungen zu unternehmen, um die gemeinsame Sorge für D auszuüben.“

4. Fazit

In diesem Fall hat der Vater die gemeinsame elterliche Sorge übertragen bekommen, obwohl es unstreitig erhebliche Kommunikationsschwierigkeiten zwischen den Eltern gab. Das Kindeswohl ist hier bejaht worden, so dass der Senat der Ansicht war, dass die schlechte Kommunikation der Eltern allein nicht zur Abweisdung der Beschwerde führen kann. Die Eltern haben die Verantwortung, die schlechte Kommunikation im Wohl des Kindes zu verbessern. Die Aufrechterhaltung der Alleinsorge konnte eben nicht geeignet sein, die Kooperation und Kommunikation der Eltern positiv beeinflussen. Den Eltern muss abverlangt werden, im Interesse des Kindes aufeinander zuzugehen und miteinander zu kooperieren. Gerade der Mutter wurde nahe gelegt, ihr starre Haltung zum Wohl des Kindes abzulegen und dem Kind zu ermöglichen, eine unbefangene Haltung zu beiden Eltern einzunehmen.

In Fällen, in denen ein Elternteil sich vehement weigert, an Kommunikation und Kooperation auf Elternebene zu arbeiten, bin ich der Ansicht, dass nicht mit der Alleinsorge „belohnt“ werden darf. Das macht es den Eltern zu einfach und man könnte die Ablehnung eines Antrages auf gemeinsame Sorge immer darauf stützen, dass es keine Kommunikationsebene zwischen den Eltern gibt.

Ich bin der Ansicht des Senats, dass in erster Linie das Wohl des Kindes im Vordergrund steht. Den Eltern kann zugemutet werden, im Interesse des Kindes ihre eigenen Verletzungen und Streitigkeiten zurückzustellen und eine Kommunikationsebene zu erarbeiten. Dabei bieten Jugendamt und Sozialhilfeträger zahlreiche Beratungsstellen an. Eine Mediation ist zum Beispiel sehr gut geeignet, zwischen den Eltern eine respektvolle und verantwortungsvolle Elternebene herzustellen.

5. Quelle

Den Beschluss können Sie sich unter der Seite http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/hamm/j2012/II_2_UF_168_11beschluss20120201.htmleinsehen.

Bei Fragen, auch hinsichtlich dem Ablauf einer Mediation, stehe ich Ihnen gern in einem Beratungstermin zur Verfügung und gebe Ihnen die bestmögliche Unterstützung.

Mit freundlichen Grüßen

Melanie Haas
Fachanwältin für Familienrecht und Mediatorin
Ostheimer Str. 28
51103 Köln
Telefon: 0221/27225573
www.melanie-haas.de


Comments are closed.